Urlaubstagebuch Färöer – Teil 3
Der schwarze Sandstrand von Tjørnuvík
Der zweite Tag begann leider wenig verheißungsvoll. Es regnete wie aus Eimern. Ein Tag im Hotel kam natürlich trotzdem nicht in Frage. Wir erinnerten uns an das alte nordische Sprichwort: „Wenn Dir das Wetter nicht gefällt, warte 15 Minuten.“
Wie so oft, sollte es auch diesmal recht behalten.
Vom Hotel aus waren es nur rund zwölf Kilometer bis zum Sornfelli, einem 40 km² großem Bergplateau auf welchem sich in in 725 m Höhe eine große Wetterstation befindet. Von dort aus soll man einen tollen Blick auf das Plateau und die gesamte Region haben. Schnell wurde aber klar, dass dieses Ziel zum damaligen Zeitpunkt unerreichbar war. Schon auf halben Weg Richtung Wetterstation wandelte sich der Regen in starken Schneefall, die Straßen wurden zunehmend vereister und irgendwann war letztlich einfach gar kein weiterkommen mehr möglich. Es half alles nichts, wir mussten umkehren – so viel Vernunft musste sein.
Stattdessen ging es weiter in den kleinen Ort Vestmanna wo im örtlichen Supermarkt ein paar Lebensmittel besorgt wurden. Anschließend zeigte sich wieder einmal, wie unfassbar wechselhaft das Wetter in dieser schönen Region doch sein kann. Als wir in den Supermarkt gingen, regnete es noch recht stark. Als wir aber wieder herauskamen, war bereits wieder strahlender Sonnenschein. Völlig verrückt. Aber sehr motivierend, denn es stand noch so einiges auf dem Plan für den Tag. Das Ziel war der äußerste Norden der Hauptinsel Streymoy, denn dort gibt es so einiges zu entdecken.
Den Anfang machte ein kleiner, namenloser Wasserfall am Wegesrand, welcher wortwörtlich aus dem Nebel hervorbrach. Trotz nun wieder leichten Regens musste hier also erst einmal ein kleiner Foto-Stop eingelegt werden.
Dann ging es weiter Richtung Norden, genauer gesagt Richtung Tjørnuvík, einem ganz besonderem kleinen Ort an der Nord-Ost-Küste von Streymoy. Nicht einmal 70 Einwohner sind dort zuhause und trotzdem wird er regelmäßig von ganzen Scharen an Touristen aufgesucht. Der Grund ist der wunderschöne schwarze Sandstrand in der Bucht von Tjørnuvík. Der Ort selbst ist bis auf die Bucht komplett von einer Bergkette umgeben, aus welcher diverse Wasserfälle herabkommen und im Ort einen Fluss bilden. Dieser wiederum fließt dann durch den Sandstrand ins Meer.
Aufgrund des Wetters hatten wir den Strand fast komplett für uns allein. Super. Aber auch hier zeigte sich das färörische Wetter wieder sehr launig. Wie aus heiterem Himmel setzte plötzlich ein unfassbar heftiger Hagelschauer ein. Man konnte sich nur schnellstmöglich ins Auto zurück flüchten und warten. Keine zehn Minuten später war der Spuk dann genauso plötzlich wieder vorbei, wie er angefangen hatte.
Ein Sandstrand ist eine zeitliche Seltenheit auf den Färöer, denn in den meisten Fällen sind die Strände auf den Inseln mit riesigen Steinen übersät, was ein Anlandung mit dem Schiff natürlich extrem schwierig macht. Diese Besonderheit bemerkten im 10. Jahrhundert offenbar auch die Wikinger, denn in Tjørnuvík wurde bei Ausgrabungen unter anderem das Grab einer Wikinger-Frau gefunden. Sieht man sich den schwarzen Sandstrand einmal genauer an und ruft sich die typischen Langboote der Wikinger ins Gedächtnis, dann wird schnell klar, warum der Ort damals ein sehr günstiger Anlegeplatz gewesen sein muss.
Beim Blick in die Bucht fallen einem natürlich sofort die beiden großen Steinsäulen im Meer auf. Selbstversändlich gibt es auch eine nette kleine Sage aus der Wikingerzeit dazu.
Die beiden Basaltsteinsäulen heißen „Risin og Kellingin“ (übersetzt „Der Riese und sein Weib“) und sind eines der bekanntesten Naturdenkmäler der Färöer.
Neben der Steilküste Eysturoys wirken die beiden Felsnadeln schon beinahe zierlich. Risin ist aber immerhin stolze 71 m und Kellingin 69 m groß. Die Klippe mit dem Berg Eiðiskollur ist allerdings ganze 352 m hoch.
Der Sage nach stammen die beiden Riesen (bzw. Trolle) aus Island. Um ihr Reich zu vergrößern fassten sie den Entschluss, die Färöer-Inseln zu erbeuten. Sie wateten durch das Meer und versuchten, die Inseln mit einem großen Seil zu vertauen und anschließend nach Island zu ziehen. Aber dies war mit großen Schwierigkeiten verbunden, denn der Bergsockel war fest und die Inseln nicht leicht zu bewegen. Sie versuchten es die ganze Nacht, hatten aber für die Vorbereitungen zu viel Zeit benötigt.
Im selben Augenblick als sie sich auf den Rückweg begaben, der Riese voran und hinter ihm das Trollweib, stieg die Sonne aus dem Meer empor und versteinerte die Beiden an Ort und Stelle.
Dort stehen sie heute noch und blicken sehnsüchtig ihrer Heimat entgegen, ohne sie jemals wieder erreichen zu können.
Nach etlichen Fotos ging es nun aber weiter zu einem weiteren Highlight im Norden der Hauptinsel: Dem Fossá.
Der Fossá ist der größte Wasserfall der Färöer und ergießt sich in zwei Kaskaden aus 140 Metern von einer Klippe herab. Als eine der größten Attraktionen der Färöer ist der Wasserfall natürlich sehr stark besucht. Auf den kleinen Parkplatz davor passen mit viel Glück vielleicht vier Autos – Glück für uns, denn als wir dort ankamen, standen nur drei weitere Autos dort.
Der Wasserfall selbst ist jedenfalls wirklich schön. Bei besserem Wetter soll es wohl sogar möglich sein, bis zur ersten Stufe hinaufzuklettern, wo man einen wirklich tollen Blick haben soll. Aufgrund des Regens waren die mit Moos überwachsenen Steine jedoch viel zu rutschig, weswegen ich mir lieber einen schönen Platz am Fuß des Wasserfalls für meine Bilder gesucht habe.
Vom Fossá aus ging es schließlich weiter in Richtung Gjógv, einem kleinen Ort an der Nord-Ost-Küste der Insel Eysturoy.
Gjógv, was übersetzt soviel wie Felsspalte heißt, verdankt seinem Namen einem kleinen, auf natürliche Weise entstandenen Hafen. Dieser befindet sich – Überraschung – in einer Felsspalte, unmittelbar neben dem Dorf und hat bereits zu Wikingerzeiten die anlegenden Boote vor der rauen See geschützt.
Von Gjógv aus ging es anschließend weiter zurück Richtung Funningur. Ungefähr auf halber Strecke gibt es einen mehr oder minder geheimen kleinen Pfad, welcher auf die Bergkette hinauf führt und dort ein schier atemberaubendes Panorama bietet. Diesen inoffiziellen Viewpoint wollte ich unbedingt besuchen. Bereits bei meinen ausgiebigen Recherchen in Vorfeld der Reise hatte ich Bilder des dänischen Landschaftsfotografen Mads Peter Iversen bestaunt, welcher diesen tollen Fotospot durch seine Bilder mehr oder weniger bekannt gemacht hat. In seinem Blog gibt er Details samt GPS-Koordinaten und Erklär-Video preis, wodurch auch wir den Pfad recht schnell gefunden hatten. Der Himmel war mit schönen Wolken verziert, es regnete nicht und die Sonne sollte bald untergehen. Die perfekten Vorraussetzungen für atemberaubende Landschaftsfotos – wäre da nicht der unfassbar starke Winde gewesen.
Wir wollten es aber trotzdem versuchen und machten uns an den rutschigen und sehr steilen Aufstieg. Der Wind wurde hierbei immer heftiger, teils war es unmöglich, noch einen Fuß vor den anderen zu setzen. Es war, als würde man gegen eine Wand laufen. Wir suchten uns Schutz hinter einigen Felsen und überlegten ein Weilchen. Selbst wenn wir es bis zum Bergrücken schaffen sollten… Wollten wir bei diesen Windstärken wirklich an einer Steilklippe stehen, von der es über 100 Meter tief hinab ging?! Ich muss gestehen, hier habe ich wirklich sehr mit mir gerungen. Ich wollte wirklich unbedingt diesen fantastischen Blick genießen und mit eigenen Augen sehen, was ich sonst nur auf den fantastischen Fotos von Mads bestaunen konnte. Das hatte ich mir vor der Reise felsenfest vorgenommen. Aber dafür einen Unfall riskieren? Letztlich haben wir beschlossen, den Rückzug anzutreten. Der Berg und vielmehr der Wind haben uns hier eindeutig in unsere Schranken gewiesen. Ein klein wenig entschädigt wurde ich dann aber zumindest beim Abstieg, denn auch das gegenüberliegende Bergmassiv ist recht schön und bot mit der durch die Wolken brechenden Abendsonne und der sich durch den Berg schlängelnden Straße ein schönes Motiv – wenn auch nicht ganz so spektakulär wie der leider nicht erreichte Funningur-Viewpoint ;P
Nach dem gescheiterten Versuch, den geheimen Aussichtspunkt zu erreichen, machten wir uns auf dem Heimweg. Hier wurde wieder einmal deutlich, wie unfassbar toll es ist, unabhängig und mit dem eigenen Auto unterwegs zu sein. Sieht man einen interessanten Punkt, eine tolle Landschaft oder sonst etwas interessantes, hält man einfach an oder macht einen kurzen Umweg. Niemand schreibt einen vor, wann man wo zu sein hat. Toll. So bot sich uns auf dem Rückweg mehrfach ein wahnsinnig toller Ausblick auf die wunderschöne Landschaft der Färöer.
Teils haben wir auf einem nur wenige hundert Meter Straßenabschnitt mehrfach angehalten, weil es so unfassbar viel zu bestaunen gab.
Auf dieser Strecke haben wir dann auch einen Schneehasen entdeckt, der Gräser mümelnd am Straßenrand saß. Wie es aber oftmals so ist – eh das Teleobjektiv aufgeschraubt und das Auto zum Stillstand gekommen war, hatte das flauschige Langohr seine Pause schon beendet und ist in davon gespurtet. Schade, aber so ist das bei Tierfotos nun mal. Trotzdem hatten wir einen schönen und ereignisreichen Tag hinter uns.
Im nächsten Beitrag nehme ich euch dann mit zum Sørvágsvatn, dem großen, über dem Meer schwebenden See. Seid gespannt 😉