Urlaubstagebuch Island – Teil 7
Abenteuer auf Reykjanes
Nachdem das Wetter am Vortag ein weiteres Erkunden von Island ein wenig verhinderte, konnte es nun endlich wieder hinein ins Abenteuer gehen. Ein straffes Programm stand auf dem Plan und daher ging es wieder sehr zeitig los. Ziel für diesen Tag war die Halbinsel Reykjanes im Südwesten Islands. Wer nicht mit der Fähre sondern wie ich mit dem Flugzeug nach Island kommt, der kommt zwangsläufig in Reykjanes an, denn auf der Halbinsel unweit von Reykjavík befindet sich der internationale Flughafen.
Selbiger hat uns aber natürlich weniger interessiert. Umso mehr natürlich das, was die Halbinsel sonst noch so zu bieten hat – und das ist einiges.
Als erstes ging es in Richtung Reykjanesfolkvangur-Nationalpark direkt zur Küste. Während ja vor allem die endlosen schwarzen Sandstrände im Süd-Osten Islands bekannt sind, besteht die Küste im Süd-Westen primär aus Klippen und vielen großen Steinen, an denen sich die Wellen brechen und in beeindruckender Art und Weise die Kraft des Meeres demonstrieren. Diese Küstenabschnitte gelten als ziemlich gefährlich, da die Strömung unglaublich stark, die Ufer recht glatt/ rutschig und das Meer ziemlich kalt ist… Ideal also, wenn man so nah wie möglich heran will um möglichst gute Fotos machen zu können… 😀
Nachdem die Gegend eine Weile erkundet wurde, fanden wir einen recht ansprechenden Spot – eine kleine Felszunge, die direkt ins Meer ragte. Dort hinzugelangen war gar nicht so einfach, denn der „Weg“ führte nicht nur über die vielen großen und teils recht scharfkantigen Lavasteine, sondern auch immer wieder durch kleinere und größere Meerwasserbecken, die sich wohl bei den Stürmen der letzten Tage und dem extrem starken Wellengang gebildet hatten. War jedenfalls sehr spannend, diese feuchte Felslandschaft zu durchwandern.
Am Zielpunkt – also direkt am Meer – angekommen, kam ich mir auf einmal ziemlich klein vor. Es ist schon ein unbeschreibliches Gefühl, wenn man diese enormen tosenden Wellen direkt vor einen sieht, wenn sie sich mit enormer Kraft an der Steinküste brechen. Das war auf jeden Fall so ein Moment, wo man einfach erst mal ein paar Minuten gar nichts gemacht hat und nur das Meer betrachtet hat. Einfach einmal kurz zur Ruhe zu kommen, den Kopf frei bekommen oder aber ein wenig in Gedanken zu versinken – dafür war der Ort auf jeden Fall genau richtig. Für Fotos bot sich der Ort aber natürlich auch gut an. Mit kurzen Verschlusszeiten konnte ich zumindest ansatzweise die Kraft des Meeres einfangen. Nach einiger Zeit hab ich aber dann wieder den guten alten ND-FIlter aufgeschraubt und versucht, das Wasser mittels Langzeitbelichtung in Nebel zu verwandeln um ein paar eher mystische Bilder zu machen.
Nass wurde ich hierbei natürlich auch… Wer konnte schon ahnen, dass die Wellen mit dem Einsetzen der Flut plötzlich bis zu meiner kleinen Fotoplattform kommen sollten 😀
Kurze Zeit später haben wir den Küstenabschnitt dann verlassen, da das Wasser wirklich recht schnell stieg und wir natürlich keine unnötigen Risiken eingehen wollten. Also die steinige Strecke zum Auto zurück marschiert und zum nächsten Punkt auf der Tagesliste begeben – der „Brücke über die Kontinente“.
Wie der ein oder andere sicher weiß, liegt Island exakt auf zwei aufeinandertreffenden Kontinentalplatten.
An der exakten Stelle, an der sich die beiden tektonischen Platten begegnen, findet sich eine kleine Schlucht, über welche eine Brücke führt.
An dieser Stelle kann man also wortwörtlich von der eurasischen Platte auf die nordamerikanische und wieder zurück spazieren. Zwischen den beiden Kontinentalplatten kann man übrigens sogar tauchen. In der Nähe der Brücke über die Kontinente befindet sich die mit Wasser gefüllte tiefe Felsspalte, in der regelmäßig geführte Tauchtouren angeboten werden. Für mich ging es aber als nächstes weiter Richtung Gunnuhver, dem „Geothermal Wonderland“. Hierbei handelt es sich um ein Gebiet mit sehr hoher geothermischer Aktivität, welche sich vor allem in Form von brodelnden Schlamm- und Wasserbecken, aufsteigenden Dämpfen und natürlich dem alles überschattenden Geruch von Schwefel und ähnlichen Gasen zeigt. Überall im gesamten Gebiet finden sich hier Warnhinweise. Der Boden ist abseits der Wege teils so heiß, dass er Schuhsohlen schmelzen kann. Ssowohl Wasser als auch die aufsteigenden Dämpfe sind giftig und zu alledem wurde das Gebiet auch noch nach einem bösen Geist benannt, der hier vor 400 Jahren sein Unwesen getrieben haben soll… Das Gebiet von Gunnuhver könnte also genauso gut mitten in Mordor liegen 😀
Besonders markant in diesem Geothermalgebiet waren auch die Farben, die in dem mineralhaltigen Boden zum Vorschein kamen. Völlig surreal war auch, dass man keine 5 Meter von großen Schneewehen plötzlich auf brodelnde Quellen mit Temperaturen von bis zu 100° C stieß. „Das Land von Feuer und Eis“ – es hat schon seinen Grund, dass Island diesen poetischen Beinamen trägt.
Als nächster Punkt auf der Liste stand die Steilklippe Valahnjúkur. Zu dieser Klippe kommt man recht einfach. Man kann quasi fast mit dem Auto heranfahren. Der Pfad hoch zum Aussichtspunkt ist ebenfalls recht leichtgängig. An der Klippe selbst sollte man allerdings Vorsicht walten lassen. Es gibt dort keinerlei Absperrungen oder Geländer. Wenn man unvorsichtig ist, kann es hier recht schnell böse enden… Die Aussicht ist dafür aber wirklich beeindruckend. Direkt vor der Klippe bohren sich – fast schon wie Finger – einige große Steine aus dem Meer. Der größte dieser Felsen ist der Sage nach ein Troll, der beim Fischen von der aufgehenden Sonne überrascht und von dieser zu Stein verwandelt wurde.
Auf diesen Felsen und auch an der Klippe selbst nisten unzählige Möwen, die zusätzlich zum tosenden Meer für einen nicht unerheblichen Lärmpegel gesorgt haben.
Ein paar Meter von der Klippe entfernt steht dann noch eine Statue des letzten großen Auk. Die Auk waren eine im Nordatlantik heimische Vogelart, die bis zu ihrer Ausrottung 1844 auch auf Island heimisch waren und auf den ersten Blick wie eine Mischung aus Pinguin und Kormoran aussah (allerdings weder mit dem einen noch mit dem anderen verwandt war).
Der vorletzte Punkt, der für diesen Tag noch auf unserer Liste stand, war das Geothermalgebiet Seltún.
Wie beim Gunnhuver gibt es hier große, blubbernde Schlammtöpfe und die typischen farbigen Ablagerungen auf der rotbraunen Erde. Die Fahrt dahin ist etwas abenteuerlich, zumindest wenn man bislang noch nie auf einer der isländischen „Gravel Road“ – einer unbefestigten Schotterstraße – unterwegs war. An sich aber kein Problem.
Am Ziel angekommen leuchten einem die aufgerissenen Hügel in allen erdenklichen Erdtönen von ocker, braun und rot entgegen. Sieht wirklich toll aus und bietet einen schönen Kontrast zum schwarzen Vulkanstein, der große Teile der isländischen Landschaft prägt. Direkt vom Parkplatz aus führt ein markierter Weg (später auch Holzstege) durch das Thermal-Gebiet mit den heißen Quellen und übel riechenden Schlammlöchern.
Das Seltún-Gebiet gehört übrigens zum Krýsuvík-Vulkansystem, welches wahrscheinlich gegen 1340 letztmals ausgebrochen ist, aber – wie man anhand der brodelnden Schlammbecken sehen kann – immer noch sehr aktiv ist.
Zum Abschluss des Tages haben wir dann nochmal den komplett zugefrorenen See Kleifarvatn besucht. Den ca. 97 Meter tiefen See und die gesamte Landschaft um uns herum schienen wir komplett für uns allein zu haben. Keine Häuser und Menschen weit und breit. Einzig die große Eisfläche vor uns und die schwarze Lavasteinlandschaft um uns herum. Hier wurde wieder einmal Islands unglaubliche Weite und die (leider nachlassende) Unberührtheit der Natur sichtbar. Freiheit pur.